Trabi-Oma aus Werdau gibt mit 94 Jahren immer noch Vollgas

Für Sie berichtet Uwe Mühlhausen

Maria Ludwig gehört zu den ältesten Autofahrern Sachsens und war mit ihrer 31 Jahre alten "Pappe" bisher immer unfallfrei unterwegs. Ans Aufhören denkt die Seniorin noch lange nicht.

Werdau. Ihren Trabi liebt Maria Ludwig über alles. "Der hat mich bisher immer dorthin gebracht, wo ich hin wollte", sagt die Werdauerin. Beide sind seit 31 Jahren unzertrennlich. So alt ist der Zweitakter. Die Besitzerin wird in wenigen Tagen 95 Jahre und ist noch immer, bis auf ein paar altersbedingte Wehwehchen, topfit. "Im Kopf bin ich klar und solange ich noch gut sehen kann, fahre ich weiter Auto", sagt die Seniorin, auch wenn sie mit ihrem Trabi keine großen Touren mehr macht. "In der Stadt bin ich damit schon noch unterwegs, wenn ich in den Supermarkt muss oder auf den Friedhof. Nur glatt auf den Straßen darf es nicht sein oder Schnee liegen, dann bleibt der Trabi in der Garage", sagt Maria Ludwig.

Mit ihrem fahrbaren Untersatz, auf dessen Kauf die Familie damals 15 Jahre warten musste, hat die Seniorin laut Tachostand bisher 41.254 Kilometer zurückgelegt. "Eigentlich sind es noch mehr. Vor ungefähr zehn Jahren war der Tacho kaputt und musste ausgetauscht werden. Dann ging es wieder bei null los", sagt die Seniorin. Der Austausch des Tachos war bisher eine der größten Reparaturen an ihrem geliebten fahrbaren Untersatz. "Ich hatte bisher nie eine Panne und bin all die Jahre auch immer unfallfrei gefahren", sagt die Werdauerin stolz. Mit ihrem Zweitakter steuert sie in der Stadt immer die gleiche Tankstelle an. "Ich muss dem Benzin immer Öl zuführen. Das Gemisch, das ich für den Trabi brauche, gibt es ja heute nicht mehr. Aber das wissen die an der Tankstelle schon. Die kennen mich ja."

Ihre Fahrerlaubnis hat Maria Ludwig erst 1973 gemacht. "Ich war die älteste in dem Kurs. Mein Mann hat mich damals dazu gedrängt", blickt die Seniorin zurück. Das erste Auto, einen gebrauchten Trabant, hatte die Familie 1967 gekauft. "Wir hatten uns für ein neues Auto angemeldet, aber man musste da ja so lange drauf warten. Außerdem war zu DDR-Zeiten die Auswahl auch nicht so groß." Mitte der 1970er-Jahre erhielt die Familie die Nachricht, dass ihr Trabi abholbereit in Zwickau steht. "Den haben wir aber gleich unserer Tochter überschrieben. Die ist damals nach Thüringen gezogen und wohnte dort in einem abgelegenen Dorf. Die brauchte das Auto dringender als wir." Also meldete sich Maria Ludwig noch einmal für den Kauf eines Trabants an. 1988 war die Wartezeit um. Ein Jahr später fiel die Mauer. Den einst so geliebten Trabant wollte über Nacht keiner mehr haben. Plötzlich waren VW, Opel oder Ford gefragt, egal wie alt die Modelle waren. Nicht so bei Familie Ludwig. "Wir musste so lange auf den Trabi warten, dann wollten wir den auch behalten", sagt die Seniorin, die seit 16 Jahren verwitwet ist. Später ein Fahrzeug einer anderen Marke zu kaufen, kam für sie nicht infrage. "Ich hatte mich an den Trabi gewöhnt. Wir sind unzertrennlich." Manchmal reden ihr der Sohn (64) oder die Tochter (69) und der Rest der Familie ins Gewissen, lieber mit der Fahrerei aufzuhören. "Sie meinen es ja nur gut. Aber sie wohnen ja alle in anderen Orten und ich abseits vom Zentrum. Wie soll ich sonst in die Stadt kommen?", fragt die Seniorin.

Erschienen am 24.11.2018 in FP